Roggenmischbrot
Vielleicht bei uns Bäckern mehr als bei euch Hobbybäcker machte sich die neue Roggenernte 2019 stark bemerkbar. Die Charakteristik der Roggenbrote machte sich bemerkbar in:
- mangelhafte Frischhaltung und Saftigkeit
- fader Brotgeschmack
- schwache Krumenlockerung
- magere Teigentwicklung
- nachsteifende Teige
In der Regel (zumindest bei mir) schleichen sich diese Ursachen immer wieder schön langsam in die Backstube ein und mutieren anschließend zum Supergau (Schelli pflegt den Satz: Mein Freund du bist wieder mal lange und warm angepinkelt worden!!) . Wenn es dann einen wie mich lange und warm anpinkelt, kann das zu einigen schlaflosen Nächten führen und um ehrlich zu sein waren es einige Wochen.
Wenn Fallzahl, Amylogramm und Verkleisterungstemperatur gemeinsam ansteigen, genügt es nicht mehr nur am Sauerteig zu experimentieren. Hier müssen unterschiedliche Maßnahmen in der Sauerteigherstellung, der Verarbeitung und der Backphase getroffen werden.
Sauerteig:
- Anstellgutmenge etwas erhöhen
- bei mehrstufigen Sauerteigen die Grundsauerstufe etwas verlängern
- wenn möglich eine zusätzliche höhere Mehltype verwenden oder einen gewissen Anteil an Vollkornmehl beimengen
- den Sauerteiganteil in der Hauptrezeptur etwas erhöhen.
Der Vorteil bei mehrstufigen Sauerteigen liegt darin, das der Säuregrad gezielter und besser gesteuert werden kann. Dadurch kann ein mild geführter Sauerteig höher dosiert werden, was somit zu einer besseren Frischhaltung führt.
Teigherstellung:
- Teigausbeute erhöhen
- Restbrot verwenden oder Zugabe erhöhen
- Fett (Schmalz, Sonnenblumenöl,..) zusetzen
- Kochstück
- fein vermahlene Flohsamenschale
- bei kleinen Teigmengen Teigreife um 5-10 Minuten verlängern
- Teigtemperatur mit 30-32°C einhalten
Ob hier vermahlene Flohsamenschale, ein Kochstück, Restbrot oder Fett beigemengt werden ist jedem selber überlassen, jedoch helfen diese Maßnahmen die Frischhaltung zu verbessern.
Backphase:
- Backtemperatur etwas senken
- Backzeit verlängern
Rezept
für ein Teiggewicht von 1908g
Gesamtmenge im Sauerteig 763g / TA 210
330g | Roggenmehl Type 960 / 997 | 33% |
30g | Schwarzroggen Type 2500 oder feines Vollkornmehl | 3% |
396g | Wasser | |
7g | Anstellgut | 2% |
1. Stufe Anfrischsauer
10g | Roggenmehl Type 960 / 997 | 3% |
10g | Wasser | 2,5% |
7g | Anstellgut | 2% |
Anstellgut im Wasser auflösen und anschließend mit dem Roggenmehl klumpenfrei verrühren. Gewünschte Teigtemperatur 28-30°C / Reifezeit 3 Stunden.
2. Stufe Grundsauer
27g | reifer Anfrischsauer | 100% |
100g | Roggenmehl Type 960 / 997 | 28% |
30g | Roggenmehl Type 2500 oder Vollkornmehl | 8% |
90g | Wasser | 22% |
Anfrischsauer im Wasser auflösen und anschließend mit dem Roggenmehl klumpenfrei vermischen. Gewpnschte Teigtemperatur 24-25°C / Reifezeit 8-10 Stunden.
3. Stufe Vollsauer
247g | reifer Grundsauer | 100% |
220g | Roggenmehl Type 960 / 997 | 61% |
296g | Wasser | 74,5% |
Grundsauerteig im Wasser auflösen und anschließend mit dem Roggenmehl Klumpenfrei vermischen. Gewünschte Teigtemperatur 30-32 °C / Reifezeit 3 Stunden.
Brotaroma
40g | weiches Altbrot | 66,6% |
20g | getrocknetes, geröstetes & fein vermahlenes Restbrot | 33,3% |
150g | Wasser 35°C | 100% |
Weiches Restbrot und Wasser mit einem Mixstab fein pürieren. Anschließend mit den getrockneten Restbrot vermischen.
Hauptteig
763g | reifer Vollsauer | 100% |
210g | eingeweichtes Brotaroma | 100% |
440g | Roggenmehl Type 960 / 997 | 44% |
200g | Weizenmehl Type 700 | 20% |
250g | Wasser 45°C | 100% |
22g | Salz | 2,2% |
20g | Schmalz / Sonnenblumenöl | 2% |
3g | Brotgewürz | 0,3% |
Herstellung
- Sauerteig, Wasser, Mehl und restliche zutaten in die Kneterschüssel geben und 6 Minuten langsam mischen. Anschließend 1 Minute schnell kneten.
- Nach der Teigherstellung den Teig 15-20 Minuten reifen lassen.
- Anschließend den Teig in zwei gleich Große Stücke teilen und zu runden Laiben formen – siehe Video
- Danach mit dem Teigschluss nach unten in bemehlte Gärkörbchen legen und auf die Gare stellen.
- Dauer der Endgare ca. 50-60 Minuten (die Zeitangabe bezieht sich auf eine Teigtemperatur von 30-32°C)
- Gebacken werden die Teiglinge mit Schluss nach oben im vorgeheizten Backrohr bei 250°C . Zu Beginn der Backphase kräftigen Schwaden geben. Diesen nach der gewünschten Rissbildung an der Oberfläche ablassen (nach etwa 6-7 Minuten Schwaden ablassen).
- Ofentüre zum ablassen mind. 2-3 Minuten geöffnet lassen.
- Ofentemperatur nun auf 195°C reduzieren und kräftig ausbacken (Backzeit 55 Minuten).
Backen im Topf: Topf im Backrohr auf 250°C vorheizen. Bei erreichter Gare den Teigling in den Topf kippen und mit geschlossenen Deckel in den Ofen schieben. Nach 8 Minuten Deckel kurz anheben und wenn die gewünschte Krustenrisse erreicht wurden, kann der Deckel entfernt werden. Nachdem der Deckel entfernt wurde die Ofentemperatur auf 195°C reduzieren und fertig backen.
67 Kommentare
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Verdampft und Zugelegt
Servus, Dietmar!
Erstreckt sich diese Veränderung auf Roggenernten ‚überall‘, oder kann das auch ein regionaler oder sortenbezogener Effekt sein?
Ist zB davon auszugehen, dass eine ‚alte‘ Sorte ‚Tauernroggen‘ in gleicher Weise betroffen ist.
Ich fühl mich ja vom Können her nicht in der Lage zu unterscheiden, ob was auch immer ich bemerke, am Mehl liegt oder an mir. Aber Beobachtung schärfen und lernen ist immer gut 😊. LG!
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Markus
Ich weiss ist von der Firma Werbung um ihre Backmittel zu verkaufen,aber vielleicht trotzdem interresant. https://www.backaldrin.com/de-at/news/detail/erntebericht-2019/
Gebt ihr eigentlich in der Firma Flüssigmalz zum Brot ?
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Dietmar Kappl
Ich selber setze kein Flüssigmalz bei aber ich könnte Manfred mal fragen ob er das Fettgedruckte auf Bongu haben möchte 🙂 🙂
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Dietmar Kappl
Ich bin kein Hellseher und möchte auch kein Besserwisser sein, aber das zeichnete sich schon in den letzten Jahren immer mehr ab.
Mich hat es heuer voll erwischt – besonders mit der Frischhaltung hatte ich nie Probleme! Früher lag das Amylogramm (ein Meßwert beim Roggenmehl) bei 500-600. Heute liegt es bei uns in der Region Oberösterreich bei 800-900 und es und ich hab laut Müller die Auskunft bekommen, das es sogar Regionen mit einem Wert von 1200-1300 gibt!!!
Diese Brote sind nach 3 Stunden staub trocken 🙁
Ob sich das auf gewisse Getreidesorten mehr oder weniger auswirkt – glaub ich nicht!
Vermute stark das diese Werte aufgrund geringen Niederschlag entstehen – es ist einfach nur heiß und regnet immer weniger.
Lg. Dietmar
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Rudolf Oribold
https://www.abzonline.de/praxis/bei-neuer-ernte-schwaecheln-die-enzyme,7069312055.html
Bericht vom 21.09.2019 in “Allgemeine Bäckerzeitung”
Guten Morgen,
das Thema ist wirklich spannend und verdeutlicht die Misere von regionaler Trockenheit die sich ja auch in Deutschland ausgewirkt hat. Angeregt durch deinen Blog hab ich mal in der ABZ nach Ernte 2019 gesucht. Als Hobbybäcker überfliege ich manchmal manche Magazine, naja. Der Artikel beschreibt genau diese Punkte die Du auch genannt hast, und die Mühlen versuchen dagegen zusteuern. Leider ist der Zugang zum Artikel nur über Anmeldung möglich.
Grüße aus dem Bergischen Land
Rudolf Oribold
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Dietmar Kappl
Hallo Rudolf,
danke für den link 😉
Lg. Dietmar
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Verdampft und Zugelegt
Verstehe, Dietmar. Danke. Dann geh‘ ich mal fragen und bin gespannt was sich so herausfinden läßt bei den Mühlen, bei denen ich ja nicht direkt kaufe. Schauma moi … LG!
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Markus
Roggen 100% Kein Krustenriss
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Dietmar Kappl
Schiebst du alles zugleich in den Ofen??
Reines Roggenbrot brauch ca. 1/3 kürzer auf der Gare um in den Ofen zu wandern!!!
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Markus
Nein, habe ich nacheinander gebacken. Das Roggenbrot hatte ich bei 2/3 Gare von Simperl auf Blech gestürzt und dann noch weitergaren lassen, ich glaube du hast recht ich habe die Mischbrote zu wenig garen lassen vor dem einschiessen, und auch zu früh den Zug gezogen.
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Dietmar Kappl
Jetzt erklärt sich auch der seitliche Riss!
Du bäckst dein Brot auf Blech?
Wenn ja kommt hier die Temperatur zu langsam auf den Teigling – der anschließende Ofentrieb reißt dir das Brot auf der Unterseite auf 😉 Besser wäre ein Backstein – die direkte Hitzeübertragung ist immer besser.
Lg. Dietmar
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Markus
Roggenbrot 100 %
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Markus
Roggenmischbrot – Fehler
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Markus
Lieber Dietmar, Danke das du so wichtige Dinge hier teilst!
Sollte man, wenn man eine 2 stufige Führung macht auch die Anstellgutmenge erhöhen ?
Bei meinen Rezept teile ich ich immer den Weizenmehlanteil mit halb 1600er und halb 700er. Ist das überhaupt notwendig / förderlich für Geschmack ?
Mir ist übrigens aufgefallen das unser Weizenmehl sehr “scharf” ist, (Mantler Mühle NÖ)also sehr viel Ofentrieb verursacht, hier reisst auch gerne die Kruste seitlich unten auf,bzgw auch ab und zu ein Handballen grosser Dübel, oder liegt es daran das ich zuwenig Schwaden gebe?(bei 20 Stück Brot cirka 30 Sek) bgzw. den Zug zu früh öffne (etwa nach 2-3min)?
Habe überlegt den Weizenteil etwas zu senken und durch 960er zu ersetzten. Bei 100% Roggenbrot das ich mit Voller Gare einschiesse habe ich dieses Problem nämlich nicht, trotz gutem Ofentrieb.
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Dietmar Kappl
Hallo Markus,
das Weizenmehl zu mischen hat nur Vorteile – mehr Wasseraufnahme und daher eine bessere Frischhaltung 😉
Deine zwei gezeigte Brotfehler haben unterschiedliche Ursachen!
1) Die Warze auf deinem gezeigten Brot entsteht wenn zu “wenig Abstand” beim Backen gehalten wird! Nach dem Schwaden ablassen wird die Backkammer wieder geschlossen und der Nachbarteigling überträgt die Feuchtigkeit wieder auf das gegenüberliegende Backgut! Das Brot denkt es wird wieder geschwadet und der Ofentrieb vom Teigling platzt an der schwächsten Krustenstelle auf – dáher die Warze auf dem Teigling!
2) der längliche Riss kann verschiedene Ursachen haben:
– zu fester Teig
– zu knapper Schwaden
– zu heißer Ofen
– knappe Gare
– Schwaden zu früh abgelassen
Ich tippe zuerst einmal auf “knappe Gare und Schaden zu früh abgelassen”!!
Lg. Dietmar
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